Details zur Verkostungsnotiz Eintrag erstellt/geändert am 17.11.06 09:40

Bezeichnung: Hares Chase Barossa Shiraz
Winzer/Produzent: Hares Chase
Land / Region: Australien - Barossa Valley
Jahrgang: 1999
Typ: Rotwein
Rebsorte: Shiraz
Alkohol (Vol.%): 14,5
Verschluss: Naturkork
Weitere Angaben:
Preis: 33 Euro je 0,75 l (im Handel) - 2005
Bewertung: (95/100 Punkte)
Preis / Genuss: gut
Autor/Verkoster: eike
Verkostungsdatum: 21.08.2006
Eingetragen von: eike ... geändert von eike ... [Rückfrage zur VKN an eike]
VKN im Detail: Hares Chase ist ein Barossa-Gut, das sich der bei Penfolds als Senior-Winemaker 20 Jahre unter anderem für den legendären Grange zuständige und heute Chief-Winemakers Southcorps Peter Taylor zu eigenem Vergnügen hält. Das allerdings so intensiv, daß die gesamte Familie mit eingespannt ist. 1996 kaufte er einen 100 Jahre alten Betrieb und krempelte ihn gründlich um. Das 4500-Kisten-Unternehmen zählt der Aussie-Weinpapst Halliday heute in seinem Wine Companion 2004 zu den zehn führenden unter den shooting-stars Australiens, gibt ihm in der Ausgabe 2005 von Wine of Australia allerdings "nur" viereinhalb von fünf Sternen, bezeichnet aber alle Produkte von Hares Chases als "top-flight wines".

Der sicherlich "top-flight" Hares Chase Barossa Shiraz ist das Herzstück des im Marananga Tal gelegenen Gutes, das nur eigene Frucht verwendet. Grad 400 12er-Kisten wurden davon 1999 produziert. Genauso rar sind die von Taylor herausgegebenen Vinifizeriungsdaten. Auf dem Rücketikett läßt der Hersteller wissen: korbgepresst, 16 Monate US-Eiche, ungefiltert. Andernorts läßt sich finden, der Wein, der auf einem Gesamtbestand von 40 Acres eisenhaltigen Lehms unbewässert wachse, werde offen fermentiert. Laut Tanzer ist dieser Shiraz aus Frucht erst acht Jahre alter Stöcke hergestellt. Der Weinkritiker testete ihn als noch Jungwein im August 2001 und gab ihm in seinem IWC 93 Punkte. Parker gab ihm nur 92 Punkte, sprach allerdings von einem "Blockbuster", der eine "Knockout-Nase" von schwarzen Beeren, Rauch, Lakritz, Gewürzen, Cassis-Likör habe, opulent gesättigt schmecke. Produzent Taylor gibt auf dem Rückenetikett lediglich die spartanisch karge Einschätzung: "ein Shiraz, typisch für die Region".

Das ist die pure Übertreibung von Bescheidenheit. Und Barossa-typisch? Trifft es auch nicht, wenn damit die gemeinhin als barossatypisch geltenden,
fruchtbepackten, zuweilen etwas vordergründigen Muskelstrotze von Wein gemeint sein sollten. Tanzer schmeckte angetan seinerzeit ein Superkonzentrat von dunkler Frucht mit Lakritz, Leder, Wild, Mokka und bemerkenswerte, jedoch noch nicht gelegte Säure. Ihn erinnert der Wein an große Nördliche Rhone. Nicht nur der Glanz der Säure erinnert ihn an Guigals La Landonne. (Der ist derzeit in den USA als 99ger mit 100-Parker-Punkten versehen zwischen 430 und 650 Dollar zu erwerben - pro Pülleken versteht sich, wenn für Normalverdiener auch nicht von selbst). Weinmacher Taylor ist denn auch bekannt als ein Bewunderer der Hermitages, der in dieser Stilistik einen handgemachten Premium-Wein hervorbringen will, der dazu die Handschrift des Barossa zeigen soll.

Das ist ihm gelungen. Und das selbst Jahr im 1999, einem aufgrund von Hitzestress fast so schwierigem wie dem Nachfolgejahr der Region. Zwei Jahre, die intensivster Weinbergpflege bedurften. Wie konnte es gelingen? Von Vorteil mag sein, daß Taylor vorausschauend planend seinen Shiraz auf Unterlagsreben von Riesling gepfropft hat, die tief in wasserspeichernde Schichten hinein wurzelnd ausstralienextreme Dürreperioden besser verkraften.

Dekantieren tut dem 99ger-Wein selbst derzeit immer noch wohl, und das er sich der Nase voll hergibt, dafür muß er bei 20 Grad eine Runde mehr im großen Glas kreisen. Aber dann kommt er nach und nach bis zu einer Duftwolke von dunkler Frucht und kleidet den Gaumen mit kirschliköriger Fülle aus, ohne das damit klebrige Süsse assoziiert sein soll. Im Gegenteil: gepaart mit einer phantastischen Säure. Dazu Tabak, zartbittere Schoko, süße Gewürze, Leder, lange Tannine. Beim geduldigen Durchkauen sind mit jedem weiteren, vorsichtigem Schlückchen weitere Geschmackskomponenten zu entdecken. Was daraufhin ein tiefschichtiger Wein genannt sein darf. Hinzu kommt ein sehr langer, intensiv bleibender Abgang, der zum ins Zederholzartige übergehendem Ende in glänzendfeiner Adstringenz ausklingt. Ein konzentrierter, nicht überpowerter, vielmehr bestens balancierter Wein.

So ein Wein müßte ein Kenner-Hit sein: Im deutschsprachigen Raum war er ein handfester Flop. Am Etikett, das eher eines der vielen Billiggetränke befürchten läßt, kann es nicht allein gelegen haben. 2004, auf einer Wein-Messe in Hannover am Schlußtag auf den letzter Drücker probiert, war mein Urteil: Unwahrscheinlich massiv, aber verriegelt und auch ungeheuer unfertig säuregeladen. Ganz anders nun im August 2006. Ein Wein, der seine Zeit brauchte - und nun die Zeit verlangt ihm die ganze Zunge zu widmen.

Wer die Erfahrung hatte und/oder auf Zeit spielte, dazu den Nerv, das Kapital und die Disziplin eine Kiste davon zu lagern aufbrachte, kann sich nun eines hervorragenden Weines in seinem Kellerbestand erfreuen. Unsereins durfte nun, ihn einmal mittrinkend, an seiner jetzigen Größe lecken, und beißt sich darauf ein Loch in die Mütze zu jenen glücklich Klügeren nicht zu gehören. Da tröstet kaum, dass der deutsche Importeur trauert, Hares Chase werde in ganz Europa glattweg übersehen. Für so ein verschmähtes Findelkind solitären Charakters wär man im leider vergeblichen Nachhinein allzugern Adoptivmutter. Für 33 Euro, im Vergleich zu gehypten Groß-Shiraz ,eine Trouvaille, (nach Parker-Prognose ab 2006 bis 2016 Trinkvergnügen bereitend), die auf der Flasche noch immer zu weiterer Steigerung fähig sein dürfte. Darum ein wie stets spekulativ verbleiben müssende Plus hinter den 95 Punkten.

Der hervorragend strukturierte (und damit seine Lagerzeit brauchende) aus dem Super-Jahrgang 2002 ist im deutschen Handel für 34 Euro erhältlich. Kein Kind schlechten Vaters ist ebenfalls der Merlot, selbst der aus dem hitzeschwierigen Jahr 2000, das man bei Hares Chase aber zu meistern verstand. Dessen VKN siehe unter Hares Chase Barossa Merlot 2000.
Trinkreife: trinken oder lagern
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