Pinot-Connection - ein Querschnitt durch die Schweizer Pinot-Landschaft

(Bericht/Meinung, eingetragen von vanvelsen am 27.07.2008)

Kategorie: Verkostungsberichte

Am Donnerstag, 15. Mai 2008 fand in Zürich der von Vinum organisierte Event „Pinot Connection“ statt. 5 Winzergruppierungen stellten ihre Netzwerke und gemeinsam gekelterte sowie individuelle Pinot Noirs vor. Das gab einen schönen Querschnitt durch die CH-Pinot-Szene und führte manchem Besucher vor Augen, dass es neben Bündnerland und Wallis noch ganz andere Regionen mit Pinot-Kompetenzen gibt.

Zweifelsohne, der 2006er Pinot Rhein von den Bündner Winzern Hansruedi Adank (Fläsch), Hanspeter Lampert (Maienfeld), Jürg und Ueli Liesch (Malans) und Thomas Mattmann (Zizers) machte seiner Region alle Ehre. Ein sehr gut strukturierter Wein mit Saft und Kraft. Der Bündner Pinot zeigte sich in der Farbe tiefdunkel, in der Nase ein unglaubliche Frucht, etwas Cassis, schöne Holznoten. Am Gaumen vollmundig, fast schon etwas fett, eher modern anmutend mit präsentem, sehr gut eingebundenem Holz. Der Wein hat für den doch sehr vollen Gaumen einen mittellangen Abgang. Der 2006er Pinot Rhein macht bereits heute Trinkspass und hat doch die Reserven, um in 5 Jahren noch stolz im Glas zu stehen. Kauftipp für Power-Pinot-Liebhaber. 17 vvpunkte (90)

Auch die vier individuell gekelterten 06er Pinot Barrique Weine von Adank, Lampert, Liesch und Mattmann sind allesamt sehr gut gelungen und damit Kauftipps. (Der Mattmann war mein Favorit).

Links:
http://www.ciceroweinbau.ch/
http://www.adank-weine.ch/
http://www.lampert-weinbau.ch/index.php?pid=7
http://www.liesch-weine.ch/

Im Gegensatz zu den Bündnern überzeugten mich die Walliser Pinots nicht. Die von den Weingütern Rebgut Bielen (Gampel), Weingut Chanton (Visp) und Albert Mathier & Söhne AG (Salgesch) präsentierten Weine waren für meinen Geschmack allesamt zu gekocht, einer davon sogar an der Grenze zur Oxidation. Einzig der gemeinsam gekelterte Wein – ein Fassmuster des 06ers zeigte ein Anflug von Finesse, ist aber – vor allem auch unter Berücksichtigung des angepeilten Preises von 48 Franken pro Flasche – sicherlich kein Pinot-Schnäppchen. Mein Fazit: Die Walliser täten besser daran, sich um ihre wundervollen Spezialitäten zu kümmern und schöne Syrah, Cornalin und Humagne zu produzieren. Von mir kein Kauftipp. 15 vvpunkte (82).

Links:
http://www.mathier.ch/
http://www.chanton.ch/

Die dritte „bekannte“ Region war Schaffhausen. Der Klassiker unter den Fusions-Weinen, der ZWAA (heisst im Schaffhauser-Dialekt „Zwei“) wird von Ruedi Baumann (Oberhallau) und Michael Meyer, (Bad Osterfingen) gekeltert. Die Trauben werden zusammen vergoren (Anteil 50/50) und das Resultat ist ein kerniger, gut strukturierter Pinot mit Ecken und Kanten. Für mich der unzugänglichste Pinot der Verkostung aber ein Wein mit viel Potential. Aktuell schmecken mir die 2000er und 2001er ZWAA sehr gut, was mich hoffen lässt, dass der 2006er ZWAA auch zu seiner Harmonie findet. Kauftipp für alle, die Weine für 5 Jahre im Keller vergessen können. 16.5+ vvpunkte (88+)

Link: http://www.baumannweingut.ch/bw.htm

Von den beiden individuell gekelterten Weinen gefiel mir der 06er „Abt“ von Meyer sehr gut (Kauftipp!) während mir der „Classic“ von Ruedi Baumann aus diesem Jahr etwas zu rustikal vorkam. Ich hoffe, sein Pinot Noir „R“, den er leider an diesem Abend nicht präsentierte, ist ausgewogener.

http://www.badosterfingen.ch/weingut1.htm

Nun zu den beiden Überraschungs-Regionen der Verkostung: Biel und Ostschweiz.

Starten wir mit dem Winzerquartett aus der Ostschweiz, das unter dem Namen „Pinitium“ auftritt. Peter Gehring (Freienstein/ZH), Hansruedi Neukom (Will bei Rafz/ZH), Peter Stucki (Teufen/ZH) und Roland Lenz (Iselisberg/TG) präsentierten ihr Erstlingswerk, den 2006er Findling. Je ein Barrique der vier Pinitium-Betriebe wurde für diese Cuvé gemeinsam selektiert. Der Wein hat eine mittelkräftige Farbe, erinnert an einen schönen Burgunder. Die Nase zeigt sich bereits sehr offen, mit viel frischer Frucht, roten Beeren, einigen Gewürznoten und einem Hauch Pfeffer. Am Gaumen ist der Findling gut strukturiert und passt perfekt zur aromatischen Nase. Kein Powertropfen wie der Bündner Pinot Rhein sondern ein elegant gewobener Charakterwein. Neue-Welt-Trinker würden diesem Wein sicherlich eine zu hohe Säure ankreiden, doch diese steht dem Findling in meinen Augen sehr gut. Die Tannine sind reif, das Holz präsent aber nicht dominant und im Abgang schwingt die Frucht und Würze lange mit. Macht bereits Spass, wird aber den Höhepunkt in 1-2 Jahren erreichen und hat sicherlich Potential für weitere 5 Jahre. Kauftipp für Pinot-Elegance-Liebhaber, die zudem Value for Money mögen, denn der Findling ist mit 28.-- Franken pro Flasche der Preis-Leistungs-Sieger des Abends. 17 vvpunkte (90).

http://www.pinitium.ch/

Spannend bei der Pinitium-Gruppe war auch die Tatsache, wie sich die 2006er Pinot-Noir Barrique-Weine der vier Winzer und Regionen ergänzen. Die Einzelweine der Gruppe waren sicherlich die heterogensten des Abends. Neukom’s Pinot bringt eine schmeichelnde Frucht (Cassis, Rote Beeren), Gehring’s Pinot ist unglaublich fein gewoben und legt quasi den samtigen Mantel um die Cuvé, der Pinot Barrique von Roland Lenz wiederum zeigt neben frischer Frucht und feinen Tanninen eine stolze Säurestruktur und der „Galadh“ von Stucki liefert das Powergerüst an Gerbstoffen und konzentrierter Frucht.

Links:
www.weingut-lenz.ch
www.weingut-gehring.ch
http://www.stuckiwein.ch
www.neukom-weine.ch

Die zweite Überraschung waren schliesslich die beiden Winzer vom Bielersee, Martin Hubacher (Twann) und Lukas Hasler (Twann). Ihre Rebberge liegen links und rechts der Kantonsgrenze und darum heisst ihr Gemeinschaftswein BENE (Abkürzung der Autokennzeichen der beiden Kantone Bern und Neuenburg). Leider präsentierten die beiden Bielersee-Winzer ihren 2004er. Leider nicht deshalb, weil der Wein nicht gut wäre, sondern weil es schwierig war, ihn mit den anderen 2006ern zu vergleichen. Der BENE 2004 ist ein sehr gut strukturierter Pinot, perfekt trinkreif und ähnlich dem Findling mit einer angenehmen Säure ausgestattet. Vielleicht nicht ganz so viel Reserven wie die 2006er aber wer einen ausgewogenen, aromatischen und ganz und gar unplumpen Pinot JETZT TRINKEN will, liegt hier richtig. 16.5 vvpunkte (88).

Für mich noch spannender als der BENE waren die beiden individuell gekelterten Weine von Hasler und Hubacher. Beides Paradebeispiele von ausgewogenen Pinot-Weinen, die uneingeschränkt Trinkspass bieten. Da wirkt nichts überladen, da stimmen Säure, Gerbstoffe, Alkohol und Aromatik. Beides fantastische Weine, wie ich sie nie erwartet hätte. Hut ab und ein weiterer Kauftipp für beide. Zwei mal 17vvpunkte (90).

http://haslerwein.ch/root-de-index.html
http://www.johanniterkeller.ch/108729250876-de-index.html

Soviel zur Pinot-Connection-Veranstaltung. Ich hoffe, der eine oder andere bekommt Lust, auch mal die Pinots aus weniger bekannten Regionen der Schweiz zu probieren.

Gruss,

Adrian

Links:
http://www.vinum.info/ch/
http://www.pinitium.ch/


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